Die perfekte Illusion

Movie-Kritik: American Pastoral
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© Ascot Elite Entertainment Group.

Trumps Wahlsieg in den USA hat manche erschreckt und überrascht. Zugleich machte er grosse Differenzen deutlich, jene zwischen Stadt und Land sowie jung und alt. Sogar Hillary Clintons Wahlhelferin Katy Perry gab an, dass ihre Eltern für Trump abgestimmt hätten. Unterschiede wie diese thematisierte Autor Philip Roth in seinem Besteller «American Pastoral», der vor 20 Jahren veröffentlicht wurde. Der Roman erzählt die Geschichte einer Familie im Amerika der 60er-Jahre. Einer Familie, die von aussen betrachtet perfekt erscheint, aber im Inneren gänzlich auseinander fällt. Schwere Kost und nicht unbedingt Stoff, den sich Neuregisseure aussuchen, ausser aber man ist Ewan McGregor. Der schottische Darsteller entschied sich im Regiestuhl Platz zu nehmen, nachdem der jahrelang geplante Film erneut ohne Spielleiter dastand.

 

 Levov und seine Tochter trennen Welten. (© Ascot Elite Entertainment Group. All Rights Reserved.)

 

McGregor verkörpert in «American Pastoral» ebenfalls die Hauptrolle, Familienvater Levov. Ein Mann, der alles erreicht zu haben scheint, wunderbare High School Zeit, Heirat mit der Schönheitskönigin Dawn (Jennifer Connolly)  und Geschäftsführer einer erfolgreichen Handschuhfabrik in New York. Doch die Wahrheit könnte nicht weiter weg sein. Grund zur Sorge bietet Tochter Merry (Dakota Fanning), die sich radikalen politischen Bewegungen anschliesst. Der Konflikt eskaliert als die örtliche Poststelle einem Bombenattentat zum Opfer fällt und Merry spurlos verschwindet. 

 

Filme wie «American Pastoral» sieht man heutzutage selten. Klassische Romanverfilmungen, die hochgradig besetzt sind, wunderbar ausgestattet daherkommen und meist eine unbequeme, aber nicht irrelevante, Thematik beleuchten. In den Neunzigerjahren waren sie übervertreten, heute eine Seltenheit. Diese Tatsache ist zugleich Fluch und Segen dieser Romanverfilmung. Junge Kinozuschauer könnten überfordert sein von der Interpretationsfülle, die der Film bietet. Zuschauer mittleren Alters, für die der Film am meisten bietet, sind in der heutigen Kinolandschaft untervertreten. Nichtsdestotrotz sollte - muss man - gerade deshalb «American Pastoral» als Pflichtveranstaltung besuchen. Ein Film, der für einige verstaubt wirken kann, aber angesichts der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen heutzutage aktueller ist als manch ein anderer Streifen. Der Generationenkonflikt steigt an, die Schere zwischen Sein und Schein nimmt ausserdem dank Social Media Kanälen zu. Zeit also dass wir uns dem stellen und hinschauen.

 

Aufwändig inszenierte Romanverfilmung die Stoff zum Nachdenken gibt und aktueller ist als sie scheint.

 

  • American Pastoral (USA 2016)
  • Regie: Ewan McGregor
  • Buch: Philip Roth
  • Drehbuch: John Romano
  • Besetzung: Ewan McGregor, Jennifer Connelly, Uzo Aduba, Dakota Fanning, Peter Riegert
  • Dauer: 140 Minuten

 

Tanja Lipak / So, 27. Nov 2016